Der 1906 in Breslau geborene Dietrich Bonhoeffer wird zu jener Theologengeneration gezahlt, die 'zum Teil durch den Zweiten Weltkrieg um ihre Entfaltung' gebracht wurde. Dennoch gelangte er sowohl mit seinem fragmentarischen Werk, als auch mit seiner widerstandigen Biografie, ungefahr zehn Jahre nach seinem gewaltsamen Tod, zu einer weltbekannten Beruhmtheit. Seine uberragende Bedeutung liegt nach Meinung des Neffen, Hans-Walter Schleichers, 'nicht in erster Linie im Politischen, denn Bonhoeffer war kein Politiker und wollte nicht 'politisch' handeln, sondern als Mensch und Christ, der an der Stelle, an die ihn Gott gestellt hat, Verantwortung ubernimmt.' Allein seine von Weitsicht und Mut zeugenden Ausserungen, die zu Lebzeiten an die Offentlichkeit gelangten, werden neben denen Karl Barths (1886-1968) zu den 'klassischen Zeugnissen kirchlich-evangelischer Besinnung in dieser Zeit' gezahlt. Uber Bonhoeffers Dissertation, die er als Dreiundzwanzigjahriger unter der Uberschrift 'Sanctorum Communio. Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche' eingereicht hatte, schrieb Karl Barth fast 30 Jahre spater: 'Ich gestehe offen, dass es mir Sorge macht, die von Bonhoeffer damals erreichte Hohe (...) wenigstens zu halten (...) nicht schwacher zu reden, als dieser junge Mann es damals getan hat.' Barth ist jedoch anzukreiden, dass ihn seine Fehlurteile uber Stalin (1879-1953) und den Kommunismus weit unter das Niveau Bonhoeffers geraten liessen, abgesehen von der Polemik voller Verdachtigungen gegen den protestantischen Theologen und spateren Spitzenpolitiker Eugen Gerstenmaier (1906-1986). Bonhoeffer ist uber die Grenzen von Landern und Konfessionen hinaus bekannt geworden, ehe es eine Biographie uber in gab. Man halt ihn fur einen glaubwurdigen Christen unserer Zeit und schenkt ihm bis heute Aufmerksamkeit, weil er neue Wege betreten und sie zu deuten gewusst hat. Es steht ausser Frage, dass Dietrich Bonhoeffer zu einer verschwindend kleinen Gruppe von Mannern der Kirche gehort hat, die den Schritt zur aktiven politischen Untergrundtatigkeit vollzogen haben. Ausser der Menge von Burgern und Adligen, von Militars und Sozialisten enthalt die Tafel der Opfer des 20. Juli 1944 drei Namen von katholischen Kirchenmannern: Pater Delp, Pralat Muller und Kaplan Wehrle; auf evangelischer Seite zahlt dazu Dietrich Bonhoeffer und der hauptamtliche Jurist der Bekennenden Kirche, Friedrich Justus Per