Das, das ist der garstige breite Graben, uber den ich nicht kommen kann, sooft und ernstlich ich auch den Sprung versucht habe. Kann mir jemand hinuberhelfen, der tu es, ich bitte ihn, ich beschwore ihn. Er verdienet einen Gotteslohn an mir.6 Lessing situiert sich selbst also auf der Vernunftsseite des Grabens. Der Sprung auf das gegenuberliegende Ufer wird ihm durch sein rationelles Denken verwehrt. Er kann den durch die historische Kritik gebildeten Abgrund, der sich vor ihm auftut, nicht uberwinden. Aber ein Wille, uber den Graben zu kommen existiert, der Wunsch, sich von der Rationalitat wenigstens etwas abzulosen und den Glauben zu verstehen, vielleicht sogar selbst anzufangen, an eine geoffenbarte Religion zu glauben, ist da. Aber er schafft diesen Sprung nicht, weil er die Religionsgeschichte fur zufallig halt und nach einer Wahrheit fragt, die unabhangig von der Historie existiert. So bittet er um Hilfestellung bei der Uberwindung des Abgrunds, oder sucht zumindest nach einer Brucke, uber die er sich dem anderen Ufer, der Glaubenbereitschaft, wenigstens annahern kann. Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,7, Ruprecht-Karls-Universitat Heidelberg (Germanistisches Seminar), Veranstaltung: Proseminar, 35 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch.